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Eine Spende als Geschenk – sinnvoll oder unpersönlich?

Weihnachten

Eine Spende als Geschenk – sinnvoll oder unpersönlich?

Der Deutsche Knigge-Rat empfiehlt, diese Weihnachten anstelle von Päckli eine Spende für einen guten Zweck zu schenken. Doch die gut gemeinte Tat ist umstritten. Ein Konsumpsychologe sagt, was es bei solchen Überraschungen zu beachten gilt.

Die beiden Nichten waren dem Plüschtieralter längst entwachsen. Trotzdem schenkte die Tante ihnen zu Weihnachten je einen Teddy. Die jungen Frauen waren aber nicht die Einzigen. Auch die Eltern und Grosseltern hatten einen Teddybären unter dem Weihnachtsbaum. Den leicht verdutzten Gesichtern erklärte die Tante feierlich: Sie habe sich dieses Jahr entschieden, anstelle von Gschänkli, eine Spende zu schenken. Die Bären hatte sie als Dankeschön für die Spenden eines Hilfswerks erhalten.

Für solche Geschenke plädiert der Deutsche Knigge-Rat. Gerade bei Menschen, für die uns beim besten Willen kein Geschenk mehr einfallen wolle, weil sie schon alles besässen, sei «Spenden-Schenken» eine gute Möglichkeit, in deren Namen etwas «Gutes zu tun», schreibt Marion Hulverscheidt, Mitglied des Deutschen Knigge-Rats, im Newsletter des Rats.

Spenden-Geschenke seien wichtiger denn je

«Das schafft eine echte Win-Win-Win-Situation: Für den Beschenkten, die Schenkenden und diejenigen, die die Spende erhalten», ist Marion Hulverscheidt überzeugt. In ihrem Plädoyer für das «Spenden-Schenken» argumentiert sie auch damit, dass es gerade in diesem Jahr und in unserer eigenen Wahrnehmung wichtig ist, den Gürtel enger zu schnallen. Und es sei wichtiger denn je, den Blick nach aussen nicht zu verschliessen.

Viele Menschen und Organisationen seien auf Spendengelder angewiesen, fährt das Ratsmitglied fort. Trotz aller Energiekosten und steigender Preise sei es immens wichtig, diese Mittel zu sichern.

Grossmutter war brüskiert

Auch Papst Franziskus forderte die Menschen am Mittwoch auf, Weihnachten bescheidener zu feiern und Erspartes an die Ukraine zu spenden.

Zurück zur Familie mit den Spenden-Teddys unter dem Christbaum. Die Nichten fanden die Teddys herzig, das Geschenk sehr sinnvoll, aber unpersönlich. Die Eltern wussten nicht so recht, was sie davon halten sollten. Die Grossmutter, die das Fest ausrichtete und tagelang Guetzli gebacken hatte, brüskierte das Geschenk ihrer Tochter.

«Gleich wie 20 Paar Socken»

Kaum jemand würde bestreiten, dass die Schenkung einer Spende eine edle Tat ist. Dennoch ist bei solchen Geschenken Vorsicht geboten. Er rate davon ab, an Weihnachten Spenden-Geschenke zu machen, ohne die beschenkte Person vorgängig zu involvieren, sagt Wolfgang Schäfer, Konsumpsychologe an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). «Ansonsten kann dies auf die beschenkte Person etwa gleich enttäuschend wirken, wie wenn man ihr 20 Paar Socken schenken würde.» Unstimmigkeiten am Fest seien programmiert.

Besser ist laut Schäfer, vorgängig abzuklären, ob sich die Verwandte oder der Freund für gewisse gemeinnützige Organisationen interessiert. «Mit der Spende für eine Organisation, die dem Beschenkten am Herzen liegt, zeigt man, dass man sich über die beschenkte Person Gedanken gemacht hat.» Damit erhalte die Spende eine persönlichere Geste.

Besser als Alleingänge

Ideal findet Wolfgang Schäfer, Spenden-Geschenke gemeinsam zu machen. «Die Familie oder Freunde sollen sich zusammensetzen und gemeinsam bestimmen, für welche Sache sie ein Budget spenden wollen.» Auf diese Weise würden Gemeinschaftssinn und Nächstenliebe gestärkt, was sicherlich für alle – Beschenkte und Schenkende – sehr schön und positiv sei.

Quelle: Today-Zentralredaktion
veröffentlicht: 22. Dezember 2022 09:29
aktualisiert: 22. Dezember 2022 09:29