Vögel im Garten füttern: Sinnvoll oder schädlich?
Die Tage werden kürzer, die Nächte kühler – vielerorts holen Herr und Frau Schweizer deshalb bereits wieder ihre Vogelhäuschen aus dem Keller. Doch ist eine Fütterung jetzt im Herbst schon notwendig? «Nein», erklärt Tierärztin Martina Schybli. «Eine Überlebenshilfe kann die Fütterung höchstens in Zeiten mit geschlossener Schneedecke, Dauerfrost oder Eisregen sein», ergänzt sie. Jetzt im Herbst, wo die Temperaturen teilweise noch auf über 20 Grad klettern, ist eine Vogelfütterung also nicht notwendig.
Risiko, dass Vögel krank werden
Stellt man jedoch trotzdem bereits ein Vogelhäuschen in den Garten, so herrscht bald buntes Treiben an der Futterstation: Amseln, Rotkehlchen, Finken, Sperlinge, Blau- und Kohlmeisen picken fröhlich nach Samen und Kernen. Auch Zaunkönige, Spechte und Stare sind vom Fenster aus zu beobachten. Die Futterstation, an welcher verschiedenste Vögel auf engstem Raum zusammenkommen, birgt jedoch auch Risiken, wie die Fachfrau weiss: «Es besteht die Gefahr, dass sich unter den Vögeln Infektionskrankheiten ausbreiten. Manche Krankheitserreger werden mit dem Kot von Vogel zu Vogel übertragen.» Deshalb ist es wichtig, auf eine gute Hygiene am Futterhaus zu achten und den Vogelkot regelmässig zu entfernen.
Vogelhaus bringt Menschen und Vögel näher zusammen
Grundsätzlich hat Martina Schybli jedoch nichts gegen eine fachgerechte Vogelfütterung im Winter. «Eine Fütterung ermöglicht schöne Beobachtungen und weckt Interesse an der Vogelwelt. Somit kann sie zum Türöffner für mehr Naturbewusstsein werden.» Letzteres sei laut der Vogelexpertin sehr wichtig, da in unseren Gärten meist nur noch wenige inländische Sträucher gepflanzt werden: «Wer einen eigenen Garten hat, kann die Vögel auf nachhaltige und umfassende Weise unterstützen, indem er einheimische Pflanzen setzt und auf vielfältige Strukturen achtet. So haben die Vögel das ganze Jahr durch ein reichhaltiges Buffet, welches perfekt auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist.» Auch Insektenfresser wie Mauersegler, Schwalben oder Grauschnäpper und natürlich Jungvögel kommen so auf ihre Kosten, wenn mit richtiger Bepflanzung Insekten-Vorkommen im Garten gefördert wird.
Gefährdete Arten werden nicht unterstützt
Das Vogelfüttern ist also in unsern Gefilden nicht zwingend nötig. «Diejenigen Kleinvögel, welche bei uns überwintern, sind gut an die vorherrschenden Witterungsbedingungen angepasst. Mit der Vogelfütterung erreicht man zudem vor allem häufige Arten, die nicht gefährdet sind. Seltene und gefährdete Vogelarten kommen in der Regel nicht an eine Futterstelle. Sie haben andere Ansprüche an ihre Nahrung oder an ihren Lebensraum.» Möchte man solche Vögel, wie beispielsweise der in ganz Europa gefährdete Kiebitz, unterstützen, so gilt es, sich für intakte und vielfältige Lebensräume einzusetzen.